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die butter aufs brot

Montag, September 26, 2005

Reale Dystopie

Es gibt Dinge, die man tun kann, auch wenn man erkältet ist.

Zum Beispiel ein Hörbuch hören: Brave New World von Aldous Huxley, gelesen von Michael York. Lezterer ist ein alternder Schauspieler (= alter Sack), ersterer tot (= toter Sack). Aber die Geschichte ist toll und das Hörbuch noch toller.

Brave New World gehört neben 1984 von Orwell und Fahrenheit 451 von Bradbury zu den Klassikern der Science Fiction-Literatur, die sich schon früh mit der Dystopie einer unfreien Gesellschaft auseinandergesetzt haben.

Bei Huxley werden Kinder nicht geboren, sondern dekantiert. Kein Wunder, denn sie entwickeln sich in Flaschen vom Fötus zum Embryo, weiter zum Säugling - sie werden gezüchtet als Angehörige verschiedener Kasten (Alpha, Beta, Gamma, Delta und Epsilon), die verschiedene Arbeiten verrichten. Sie wachsen in Centern auf, in denen sie nachts durch Tonbanddurchsagen dazu konditioniert werden, glücklich zu sein, das eine zu lieben, das andere zu hassen und promisk zu leben ("Everyone belongs to everyone else!"). Sollten sie mal nicht so glücklich sein, nehmen sie 1-2 Gramm Soma (= E).

Sie kennen keine Mutter, keinen Vater und keine Familie. Und sind glücklich. Manchmal gehen sie nach Mexiko, wo noch "Eingeborene" leben. Eingeborene, die Kinder gebären (wie unzivilisiert!) und stillen (wie unanständig!), die in Monogamie leben (wie abartig!) und Christen sind (bei Ford!!!). So lebten alle Menschen vor Ford (= Gott).

Im Buch gibts kein Happy End, aber auch kein wirkliches Bad End. Und streckenweise hab ich mich gefragt, ob dieses Leben, das sie führen, wirklich schlimm ist! Ethisch verwerflich - klar; Menschen zu züchten - pfui. Aber schliesslich leben viele heute nicht viel anders. Kinder werden antiautoritär erzogen (= kein Vater, keine Mutter, ergo keine Familie). Sie wollen glücklich sein und schmeissen am Wochenende Drogen rein (= Soma). Im Berufsleben möchten sie erfolgreich sein und gucken dann angewidert auf die runter, die den Erfolg nicht suchen. Wir wählen die falschen Politiker, die dann Krieg führen, das Rentenalter raufsetzen und bestimmen, was wir in der Schule lernen müssen. Und das alles für unser Wohl. Wir zucken resigniert mit den Schultern und leben irgendwie weiter. Ist das so anders als bei Huxley?

Vielleicht sollte ich in meinem Zustand (= verklebtes Gehirn) nicht solche Sachen schreiben, sondern mich vor den TV schmeissen und Teleshopping (= Idioten-TV) gucken. Oder in die Apotheke marschieren und mir was kaufen, das mir das Hirn befreit!

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